Katharina J. Ferner
ivan am telefon fragt ivan nie wie es mir geht sondern spricht gleich darauf los als könnte sich in meiner antwort etwas unachtsames verbergen oder gar etwas unerhörtes formuliertest stets anstandsloses, madame würde er sagen und scharf in den hörer schnalzen wie damals als ich vorschlug doch einmal zur flugschule hinauszufahren bloß schauen nicht abheben abheben niemals! ivan glaubt mir nicht dass ich stets mehr will als gut für mich ist und ob es denn nicht reicht dass ich manchmal über die telefonschnur stolpere die in dieser modernen wohnung schlichtweg keinen platz mehr findet vielleicht sollte ich weniger anrufen damit du weniger stolperst sagt ivan und wartet darauf, dass ich widerspreche aber diesen gefallen tue ich ihm heute nicht vielleicht bin ich vorbeugend nicht erreichbar gebe ich stattdessen zurück wir legen beide den hörer beiseite nur das knacken in der leitung verrät dass wir noch da sind nach einer pause gestehe ich flugangst
Erstveröffentlichung dieses Gedichts in der Kolumne „Ferner dichtet“ in der Salzburger Krone im Juli 2021
Zuletzt erschien von Katharina J. Ferner: krötentage, Limbus, 2022. 96 Seiten, Euro 15,-
