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Katia Sophia Ditzler

Katia Sophia Ditzler

Katia Sophia Ditzler: Was du gesehen haben wirst (Poster zum gleichnamigen Poetry Film 2020, UV Druck, 42 x 59,42 cm, 2022)

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Stopmotion-Animation. Ein performativer Poetryfilm darüber, was niemand gesehen haben wollen will. Kindliche Papierpuppen und Tableaus in Collagenästhetik zusammengeworfen mit Symbolik von Krieg, Politik und Religion. Ein Gedicht, das auf die Belagerung von Leningrad verweist. Suffragettenfarben, Aileen Wuornos-Glorifizierung, und wunderbare Landschaften kombiniert mit Naziuniformen. Nichts ist unschuldig.

WAS DU GESEHEN HABEN WIRST

ich habe Körper gesehen
diese Körper haben mit mir gesprochen
es war in einem der Winter
das Wasser war nicht zugefroren
ich würde lieber in einer Wüste desertieren
wenigstens waren die Museen alle offen
und an drei Tagen die Woche gab es Ballett
in der Stadt gab es keine Katzen oder Schwäne mehr
manche Körper verschwanden ohne eine Spur
vielleicht erinnern sich die Nachbarsmägen an sie
denke an alles was ich dir beigebracht habe
vergiss was du gesehen hast
meine Beine sind biegsam wie Schilf
mein Genick ist biegsam wie Leder
der Wind bringt die vollkommene Fäulnis
ich kontere mit den Zaubersprüchen
die das Verderben über das Land bringen
bisher habe ich die richtigen Entscheidungen getroffen
wie du siehst habe ich meine Netze ausgeworfen
und sollten Granaten vor uns detonieren
werden meine Augäpfel vor deinen Füßen landen
sie werden nur starren
du wirst nicht sehen
was sie gesehen haben
meine zerberstende Zirbeldrüse
wird in deinen aufgerissenen Mund fliegen
aber du wirst sie ausspucken
bevor sie dir Dinge einflüstern kann
die ermatteten Geheimnisse von denen
die vorher kamen und nicht lange geblieben sind
vielleicht wirst du sie auch runterschlucken
wir hätten uns zu anderen Zeiten gebären lassen sollen
dir werden bestimmt ein paar Hymnen einfallen
du wirst eine Chronik schreiben müssen
und ich beneide dich nicht
um das was du gesehen haben wirst
Katia Sophia Ditzler: Tribut (Poster zum gleichnamigen Poetry Film 2020, UV Druck, 42 x 59,4 cm, 2023)
A performative poetry film about pecunia, passports, paradise, and privilege.
Money origami stop motion animation, money being burnt and laundered, money in a museum.
Psychedelic plant ornaments created from an abandoned Belle Époque castle garden, juxtaposed with tanks and the devouring of currency from privileged and not-so-privileged countries in front of a national landmark. And passport kissing. An homage to migration and the ghosts of both past and future.
TRIBUT

Alles was ich berühre wird zu Katzengold
Im Hinterhof reichere ich Plutonium für Rohrbomben an
Mein Parfum ist der Geruch brennenden Fleischs

Ich exportiere die Bausteine der Welt
Ich verhandle einen angemessenen Preis für meine Unsterblichkeit
Präge mein Bildnis auf Schokomünzen
Keine Expedition wird je mein Gesicht im Sand ausgraben

Meine Heiratspolitik ist klug
Mein Reich ist erweitert
Ich bin die Alchimistin, die aus Soldatenblut Gold macht
Meine Scharfschützinnen sind postiert vor meinem Drachenhort
Wenn sie fallen rasiere ich ihre Haare ab
Und verkaufe sie an eine Perückenfabrik
Mein Zugang zu Ressourcen ist gesichert
Meine Ehre ist verteidigt

Niemand weiß wieviel ich besitze
Ich erschaffe Tabus, ich generiere Mehrwert
Ich bin Nymphe und Succubus
Fotocredit: Günter Vallaster
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