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An einen, den ich kannte

An einen, den ich kannte

Andreas Unterweger

An einen, den ich kannte

Wie all meine autobiografischen Gedichte / ist auch dieses hier an
jemanden gerichtet / den ich in Wahrheit nie kennengelernt habe

Nur seine schiefgelatschten Schuhe / kannte ich, & wie es ist, mit
einem Koffer aus Papier / in eine Stadt zu kommen, wo es regnet

& nichts im Bauch zu haben als Sehnsucht / nach einem ruhigen
Zimmer, billigem Rotwein / Zigaretten, Sinfonien von Brahms &

einer Schreibmaschine, die noch durchhält / eine letzte Nacht …
Von allen Schreibmaschinen in der Hölle / war deine die heißeste

die, von der selbst einer wie du / immer wieder schnellstmöglich
die Finger lassen musste / wohl deshalb hacktest du so auf sie ein

Wenn deine Hinterhofboxerfäuste / die Tasten schlugen, schlugen
Flammen daraus / zumindest stellte ich mir das damals oft so vor

Du warst ein Dichter, ich / ein Junge, aber nicht zu jung für diese
Art Brand, noch heute / hüte ich seine Nester unter nassem Papier

Das Gedicht von Andreas Unterweger erschien zuerst in: manuskripte 221/2018, Styria Print. Graz. Euro 10,-

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