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die flügel getaucht in den see

die flügel getaucht in den see

Erika Wimmer Mazohl

ein mittigreich ein dazwischen
ein raum weder da noch ganz dort
grautöne schimmern im spektrum
& zittern im scharlach des
himmels / das rot meiner nacht
des tagsüber schwarz

lass feiern das auferstehen
lass andrerseits lieben den tod
beobachte alles im spiegel
des jeweils andren / es schillert
es bebt das leben / nicht
sichtbar & ist nie fort

ein raum so klein im dazwischen
ein atemstoß staunend so kurz
gedehnt in die weite die kuppel
& der löffel lagert mit feder
die schalen zerborsten &
blüten gestreut im daneben

schönheit im zwitter der lücke
ganz unscheinbar fabulös
& zugeneigt flirren insekten
die flügel getaucht in den see
absterbend leise versummt
die fliegenden tassen geweißt

starren ossäre metastasen
das gläserne skelett hyalin
& haar wird zu pelz verdichtet
& im blassen gesicht läuft schweiß
verfließen die säfte konturen
/ hornhaut / lass lieben den tod


lass feiern das wiedererstehen
im widerschein lichthaft gebläut
/ erinnert / kopfüber geboren
und aufgefächert gebläht
wie neu & nichts geht verloren
& nirgendwo nachricht geschwätz

ein vogelgebet richtung luke
im spiegel verdoppelt die spur
& fäden & wehende spitze
streift brustbein elfenbein wirbel
/ die blutkörper / all in der küche
das schneidbett bereit zerteilt

als maus oder schlange & falter
im fallen noch schön / ein wunder
im sterben im steigen schon wieder
& immer die pracht des gestaltens
die küche nie kalt & das wasser
zu dampf / mein fisch wird gebraten

profan die düfte von kräutern  
zerlassener butter geschmortem
& der biss in den apfel war rot
/ die paarung / im spiegel profile
das andre / lass feiern lass atmen
lass wechseln das kleid

Dieser Text wird derzeit in Tirol in Bewegung übersetzt: Auf der Basis des Langgedichts DIE FLÜGEL GETAUCHT IN DEN SEE werden Körper- und Klangbilder entwickelt, welche die Leichtigkeit und Schwere des Seins sowie das Ein- und Ausdrehen des Lebens in unterschiedlichen Facetten zeigen – eine Collage, in der Tropfen steigen, Körper schweben, Löffel drehen und gebratene Fische | vielleicht sogar sprechen.

Mit: Eva Müller, Beto de Christo und Andreas Gilgenberg

Das Gedicht ist während des ersten Corona-Lockdowns zu Bildern der Fotografin Hanna Battisti entstanden, hinzu kommen nun Tanz, Musik und Video. Absicht der Performance ist es, die Erfahrungen der Pandemiezeit interdisziplinär zu verarbeiten und einen Dialog zwischen den Künsten und mit dem Publikum anzuregen.

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