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Autoren und Verleger – ein Match?

Autoren und Verleger – ein Match?

Ratschläge eines alten Hasen an einen jungen

Udo Kawasser

Das Verlagsgeschäft ist hart. Darüber macht sich in dieser Branche niemand eine Illusion, weder Verleger*innen noch Autor*innen. Wie man einen Verlag erfolgreich führt, wissen nur wenige. Auf der Buch Wien im November konnten einige Autor*innen, die sich zufällig beim Poesiegalerie-Stand versammelt hatten, durch die Kojenwand hindurch einen gewieften Verleger dabei belauschen, wie er seine Erfahrungen in einer Art Dekalog an einen Jungverleger weitergab. 

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  1. Merk dir, die Autoren sollen keinen anderen Verleger haben neben dir, auch wenn du nur jedes dritte Buch von ihnen verlegst.
  2. Wenn sie sich beschweren, ignoriere, was sie sagen. Schreiben sie E-Mails, dann am besten gleich wegklicken. Antworten sind zu verteilen wie Götterspeise.
  3. Vergiss nie, die Autoren haben es auf dich abgesehen. Wenn du sie auf der Straße siehst, wechsle die Straßenseite, wenn sie dich grüßen, geh mit steifer Miene an ihnen vorbei. Ist ein Zusammentreffen unausweichlich, lass sie vor dir kriechen. Genieße das.
  4. Das Größte an den Autoren ist ihr Ego. Halte es klein wie ein Bonsai-Gärtner. Wenn sie dir ein neues Werk bringen, sag gleich, im Moment hast du keine Zeit. Wenn sie später nachfragen, sag ihnen, dass es dich nicht überzeugt. „Wer will so was lesen?“, ist eine gute Frage.
  5. Der Verleger hat es gegeben, der Verleger hat es genommen. Die Annahme eines Manuskripts ist ein Gnadenakt. Lass keine Zweifel daran. Gewinnt ein Autor aber einen Preis, brüste dich mit ihm und trag ihn auf Händen. Preisträger sind der Schmuck deines Verlags.
  6. Schickt man dir unverlangt ein Manuskript, erspar dir die Lektüre. Sag einfach, es passt nicht ins Programm. Oder noch besser, erspar dir das Antwortschreiben. 
  7. Will dir einer Lyrik umhängen, setz sie in Prosa, sonst begreifen die Ärmsten nicht, dass sich Lyrik nicht verkauft. Der Roman ist das Ziel und die Erfüllung einer jeden Schriftstellerexistenz.
  8. Sag den Autoren, was immer dir notwendig erscheint, um ein Buch machen zu können. Leugne später aber alles, was die Ausstattung des Buchs, die Werbung und eventuelle Lesungen betrifft, denn Autoren sind kleinlich.
  9. Wie viel Bücher du auflegst und verkaufst, ist dein Geheimnis. Halt die Autoren im Dunkeln. Gib dich überrascht, wenn sie von Tantiemen sprechen. Rechne nur dann ab, wenn du sie aus dem Verlag werfen willst. Damit kannst du dir üble Nachrede ersparen.
  10. llustrationsansinnen sind ein direkter Angriff auf den Verlag, der Wunsch nach Seiten im Farbdruck eine Kriegserklärung. Wehr dich mit allen Mitteln, stell den Sinn und die Qualität des Buchs in Frage. Droh mit Nichtveröffentlichung. „Nur über meine Leiche!“, ist ein guter Satz.

Den versammelten Dichter*innen war schon etwas bang beim Lauschen, manche begannen sogar von Erinnerungen heimgesucht zu werden. Da bogen die beiden Belauschten um die Ecke. Wie erleichtert waren die Autor*innen dann aber, als sich die zwei als bekannte Schauspieler vom Fernsehen entpuppten, die nur zusammen den Text für einen Sketch wiederholt hatten, den sie in Halle C zur Aufführung bringen sollten. Unglaublich, diese Erleichterung bei den Autor*innen!

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