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Katharsis

Katharsis

Christa Nebenführ

Katharsis

Ich will dich quälen ohne Grund,
aus reiner Freude an den Schmerzenslauten,
die duftend deinem süßen Mund entströmen.
Ich will die Tränen und den Schweiß,
den Harn der Angst, die Nässe deines Angesichts,
von deinem Herzen lecken und
mich sättigen an deiner Bangigkeit.
Ich will die Furcht in deinem Innern höher treiben,
zum Gipfel jagen und im Tal empfangen,
wenn sie hinabfällt von der höchsten Stelle,
und will das Meer aufschäumen dir zulieb
bis sich die Welle bricht.
Fort mit den Kleidern, fort mit allen Masken, 
dem Tand, der die Ekstase zähmt, und
dieses Opfer, das ich zärtlich weihe,
sich in Beliebigkeit zu wandeln untersteht.
Ich will dich klagen hören, leise,
und lauter als die Schläge meines Herzens 
soll mir dein Schluchzen in den Ohren dröhnen.
Auf deinen Nacken will ich meinen Fuß
wie auf den Kopf der Sündenschlange drücken.
Nicht treten! Nein! Ganz sanft
will ich dich martern in der Bucht,
die abgeschieden von den weiten Ufern
sich schon so lang wie du und ich
sehnsüchtig nach der Flut verzehrt.

03.03.2020

Das Gedicht „Katharsis“ von Christa Nebenführ erschien in: Podium Porträt Nr. 106 Christa Nebenführ

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