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in den Zeitfenstern

in den Zeitfenstern

Isabella Breier

Trompete: Markus Schuster

in den Zeitfenstern steht die Luft still,
die geöffneten Flügel knarren im Hin und Her,
die Läden, die scheppern in einem Rhythmus,
der mir zu verstehen gibt,
etwas zu erinnern, etwas zu vergessen, etwas zu vermissen


noch ist die abgeklopfte Rede von wegen „gegangenem Weg“ eine, die vor mir liegt,
vor der, die ich sitze, hier auf dem Fensterbrett,
dem Gemeindebau-Tor gegenüber, wo dein Sarg bald sein Stück spielt,
feierlich geregelt, an Laubkram vorbei

es fängt an, zu dämmern,
und ich staube mich ab und ich richte mich auf,
suche schnell nach Schlüsseln 
und Sprache

die Schritte, die ich setze
durchs menschenleere Viertel,
fallen frühmorgens ab von mir
wie illoyale Freunde

abrupt stehe ich – in der äußersten Peripherie –
vor psychedelischen Knospen, 
haltlos und saisonal fehl am Platz

das Gewächs sprießt ins tumbste Schönste,
wuchernd, schillernd, in spiegelndem Glanz,
doch fern jeder brauchbaren Reflexion, schnappt es
nach Atem, der bleibt, 
nach dem großen, dem ganzen,
mit meinem und deinem und allem und so

Zuletzt erschien von Isabella Breiermir kommt die Hand der Stunde auf meiner Brust so ungelegen, dass ich im Lauf der Dinge beinah mein Herz verwechsle. Lyrikband in zwölf Kapiteln. Mit Illustrationen von Hannah Medea Breier. Edition fabrik.transit, Wien 2019. 328 Seiten. Euro 17,-

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