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IN ERDENNÄHE

IN ERDENNÄHE

Cvetka Lipuš

IN ERDENNÄHE

Vergangene Nacht, als der Mond dick und hell war –
einige Unglückliche hat es aus dem Bett direkt aufs Dach
befördert – träumte uns: Milliarden Jahre am Zügel der
Erde, wünscht sich der Trabant, einem vom Überdruss
geplagten, aber hasenfüßigen Ehegespons gleich, uns
möge ein Komet treffen.
Früher, als wir noch an die Fernbeziehung glaubten,
fuhren wir sogar zu Besuch zu ihm. Aber uns und
unserer Fahne zeigt er, trotz der Lieferung frei Haus,
nur die leblose Seite. Vielleicht hat er uns das mit dem
Mitbringsel krumm genommen. Ein Stoff, bedruckt
mit Sternen, in der Hierarchie der Galaxie unattraktive
Kusinen.
Vielleicht hat er angenommen, nachdem er uns
Jahrtausende lang beobachtet hat, wir hätten uns
in Knochenporzellan verwandelt, wir, die Kinder
der Erde und der Sonne, seien zu Feuer erwachsen,
damit wir, leichte brennende Hautfackeln,
seine dunkle Seite erleuchten.

Aus dem Slowenischen von Klaus Detlef Olof

Das Gedicht „IN ERDENNÄHE“ von Cvetka Lipuš erschien in: Komm, schnüren wir die Knochen. Gedichte. Otto Müller Verlag, Salzburg 2019. 120 Seiten. Euro 20,-

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