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Fragebogen: Rhea Krčmářová

Fragebogen: Rhea Krčmářová

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Die POESIEGALERIE stellt ihren Autor*innen Fragen zum Schreiben
Heute die Antworten von Krčmářová Rhea

1. Schreibst du regelmäßig? Zu welchen Zeiten und an welchen Orten?

Prosa/Drama/Essay: Es kommt ganz darauf an, in welcher Phase sich das Projekt gerade befindet. Es gibt Wochen, da schreibe ich jeden Tag. Während der Recherchephasen mache ich mir eher Notizen. Lyrik: Meine „Instagram-Gedichte“ entstehen meist unterwegs, ich schreibe am Handy und poste sie gleich auf Instagram. Bei meinem neuen Gedichtband Austrian Gothic geht Schreiben und Recherche Hand in Hand.

Grundsätzlich versuche ich auch in Schreibvorbereitungsphasen (ich habe einen Hang zu sehr rechercheintensiven Projekten) zumindest kleinere Texte zu schreiben, um „im Fluss“ zu bleiben – Gedichte, Notizen, Tagebuch … 

2. Ist Schreiben für dich eher Handwerk oder Inspiration? Wie passen diese beiden Pole zusammen?

Man braucht in meinen Augen beides. Inspiration ist der schimmernde Funke am Anfang eines Projekts. Um daraus dann einen fertigen Text zu machen, braucht es Handwerk in verschiedensten Formen, vom Konzeptuellen bis zum Umarbeiten (wobei das für längere Texte noch mehr zutrifft als für z.B. meine kurzen Instagram-Gedichte). Was das Schreiben neben Inspiration und Handwerk ebenfalls benötigt, sind Routine und Professionalität. Wenn eine Deadline über meinem Haupt, kann ich nicht einfach auf die Muse warten. 

3. Wo findest du deine Themen? Eher in deinem Leben und unterwegs oder in Büchern und Medien?

Überall. Mein ADHS-Hirn ist wie ein riesiges Archiv, dass sich in seiner ständigen Suche nach Dopamin-schenkenden, interessanten Themen und Bereichen immer mehr und mehr auffüllt. Ich lasse mich vom liminalen Horror* auf Tumblr genauso inspirieren wie von feministischer Textilkunst, von slawischer Mythologie wie von einem mich-Verlieren in einer mir unbekannten Stadt.

4. Welche Bedingungen muss ein gelungenes Gedicht für dich erfüllen? Oder: Wann bist du sicher, dass ein Gedicht fertig ist?  

Wenn mir nichts mehr einfällt, was ich ändern oder verbessern kann. Wenn der Text in meinem Kopf „richtig klingt“.

© Krčmářová Rhea

5. Trifft auf dich das Diktum zu, dass Dichter*innen Seismographen ihrer Zeit sind – und wenn ja, inwiefern? Anders gefragt: Siehst du für dich als Dichter*in eine Aufgabe in Bezug auf das gesellschaftliche Ganze?

Die Frage ist, was genau ist eine Seismographin ihrer Zeit? Ich beobachte, dass viele Autor*innen – überhaupt Künstler*innen – sehr in ihrer eigenen Bubble gefangen sind. Um die Zeit und ihre Komplexität auch nur bruchstückhaft einzufangen, darf man nicht im eigenen Saft schmoren, sondern muss rausgehen, sich möglichst offen anderen Meinungen und Realitäten aussetzen und seine Weltbilder und Vorbehalte regelmäßig hinterfragen. Nicht alle Künstler*innen sind dazu bereit … 

6. Kannst du mit dem Satz „Dichten ist ein brotloser Beruf“ etwas anfangen? Oder besteht in deinem Leben eine Spannung zwischen Schreiben und Einkommen?

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In dieser Frage lauern viele Aspekte: Einerseits – Welchen Wert hat Kunst in unserer Gesellschaft? Andererseits: Wie kann unabhängige Kunst erschaffen werden? Ich will mich auf meine Kunst konzentrieren und so wenig Zeit wie möglich mit kunstfremden Nebenjobs verbringen, weil sie mich auslaugen … Insofern bin ich für jedes Stipendium dankbar.

7. Welche Autorinnen und Autoren, welche Gedichte haben dich geprägt, fürs Schreiben sowie fürs Leben?

Ich habe klassischen Gesang studiert, bevor ich zum Schreiben gewechselt bin, und habe mich jahrelang mit den Texten deutscher Lieder beschäftigt (Heine, Lenau, Eichendorff und so weiter – Dietrich Fischer-Dieskau hat eine wunderbare Sammlung dieser Texte herausgegeben). Als Kontrast zu diesen klassischen Texten mag ich aber auch sprachlich kreative und assoziative Gedichte. Grundsätzlich lese ich querfeldein, wobei ich bei Prosa und Lyrik einen gewissen Hang zu Mythologie habe (siehe meine Sommerlektüren )

8. Woran schreibst du gerade bzw. woran hast du zuletzt geschrieben? 

Im Bereich der Lyrik sind das der Gedichtband Austrian Gothic und meine Instagram-Gedichte (inzwischen bin ich bei Nr. 610). Bei meinen Prosaprojekten arbeite ich aktuell an zwei Romanprojekten über den Bau des Prager Trinkwasserstausees und über die Arisierung jüdischer Kunstwerke.

9. Gibt es eine Frage, die du dir gerne selbst stellen und beantworten möchtest?

Kann man mit der Nähmaschine schreiben: Und wenn ja, wie? Zwei mögliche Antworten habe ich bei der Poesiegalerie gezeigt …

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